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Eine deutsche Segelyacht läuft in Pionersk ein (Foto: Plath/.rufo) | |
Montag, 18.07.2011
Hafen Pionersk wieder für ausländische Yachten offen
Kaliningrad. Russlands Ostsee-Provinz öffnet sich von seiner Wasserseite her. Die jahrzehntelang abgeriegelten Seegrenzen in den Haffs dürfen zum Teil bereits von Schiffen unter ausländischer Flagge überquert werden.
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Im Ostseehafen von Pionersk, der einstigen Hochseefischerbasis 30 Kilometer nordwestlich von Kaliningrad, dürfen nun wieder ausländische Yachten einklarieren. Darüber informierte Alexander Torba, Vizegouverneur der Regionalregierung.
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Torba nahm als Gast an der internationalen Regatta „Ostsee – Meer der Freundschaft“ teil, die in Pionersk endete. Das Procedere der Grenz- und Zollformalitäten sei unkompliziert und entspreche im Wesentlichen der Landeinreise, Voraussetzung sei ein gültiges russisches Visum, so der Vizegouverneur.
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Verwirrspiel um Einreiseerlaubnis in Kaliningrader Häfen Den Hafen Pionersk anzulaufen, war für ausländische Königsberg-Segler jahrelang erlaubt, es war eine Zeitlang sogar die einzige Möglichkeit zum Einklarieren, da die Marinebasis Baltijsk für westliche Gäste auf eigenem Kiel gesperrt war. Doch 2011 war dann plötzlich Pionersk dicht, angeblich auf Moskauer Weisung. Nun sollten alle internationalen Yachten nur noch in Baltijsk einklarieren.
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So geht das Spielchen seit Jahren. Einmal war Pio dicht, dann wieder Baltijsk. In den Seekarten stand davon nichts, die Skipper erfuhren das mitunter erst per Funk mitten in der Ansteuerung. Solche Unwägbarkeiten haben, zusammen mit umständlichen Formalitäten und den technischen Bedingungen in den Häfen, wesentlich zum ziemlich miserablen Ruf beigetragen, den die Exklave in westlichen Seglerkreisen genießt.
Laut Auskunft der Pionersker Grenzkommandantur, die am Rand des Hafens in einer alten Villa residiert, soll die Regelung jetzt aber dauerhaft gelten. Sowohl Baltijsk als auch Pionersk gelten als offizielle Einreisehäfen. Einen „Sieg der kommunalen und regionalen Behörden“, nannte Vizegouverneur Torba das. Gemeint war wohl der Kampf mit den Moskauer Grenzschutzzentrale - der Gegner saß sozusagen im eigenen (Hinter)land.
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Seegrenzen in den Haffs öffnen sich Allmählich öffnet Russlands Exklave auch seine letzte Barriere, die noch an die Zeiten der hermetisch abgeriegelten Militärbastion erinnert: die Seegrenzen. Das Frische Haff, geteilt zwischen Polen und Russland, ist seit vorigem Jahr für den internationalen Boots- und Schiffsverkehr passierbar, Segler aus Kaliningrad und dem polnischen Haffstädten Frombork (Frauenburg) und Elblag (Elbing) machen mittlerweile rege Gebrauch davon.
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Segelkatamaran vor dem Hafen von Pionersk (Foto: Plath/.rufo) | |
Auch für das größere Kurische Haff, durch die berühmte gleichnamige Nehrung von der Ostsee abgeteilt und je zur Hälfte russisch und litauisch, gibt es inzwischen ein Grenzabkommen. Ab 2012 sollen Boote unter ausländischer Flagge auch in den bislang strikt gesperrten russischen Teil des Haffs fahren dürfen, Einklarierungshafen soll hier das Nehrungsdorf Rybatschi (Rossitten) werden.
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Segler aus den Ostseeanrainerstaaten erhofft In Kaliningrad verspricht man sich viel von dieser Öffnung. Projekte wie die geplanten Sportboothäfen etwa im Seebad Selenogradsk (Cranz) oder Polessk (Labiau) an der südlichen Haffküste setzen darauf, dass die Exklave Kaliningrad für Ostseesegler aus Polen, Skandinavien, dem Baltikum oder Deutschland endlich auch so offen und problemlos anzusteuern ist wie das sonst überall an diesem gepriesenen „Meer der Freundschaft“ üblich ist.
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Die Musik wird in Russland freilich in Moskau gemacht. Und dass die derzeitigen Herren im Kreml wenig halten von selbstbewussten Provinzen, die ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen und Wohl nicht nur im eigenen Land suchen, das bekommt die Kaliningrad in letzter Zeit wieder stärker zu spüren. Und Moskau hat mehr als einmal deutlich gemacht, dass es von einseitigen Öffnungen gegenüber der EU nichts hält.
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Keine Bootsliegeplätze, aber Luxusprojekte Darum wirken die Kaliningrader Hafenprojekte zumindest derzeit noch seltsam überzogen und realitätsfern, etwa die Vision, den vergammelten Fischereihafen Pionersk zu einer Luxusmarina mit Platz für 800 Yachten umzubauen.
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Solche Vorhaben sind freilich auch typisch für Kaliningrader Gegenwart. Anstatt erst einmal mit überschaubaren Planungen kleine bis mittelgroße Anleger zu bauen, entwerfen Architekten bizarre Traumschlösser. Motto: Das größte Land braucht auch die größten Häfen.
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Die Wirklichkeit bleibt außen vor, denn die Wirklichkeit ist öde. Im vorigen Jahr steuerten in der gesamten Saison gerade einmal rund hundert Segelboote aus dem westlichen Ausland die russische Küste an, davon kam allein ein Viertel aus dem Yachtclub Eckernförde bei Kiel.
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Die Segler aus Schleswig-Holstein besuchten die alte Hauptstadt Ostpreußens im Rahmen einer großen Geschwaderfahrt - der größten, die das russische Kaliningrader bislang aus Deutschland empfangen hat. Größtes Problem: Die Boote fanden keine Liegeplätze.
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